lost & found in space

samstag früh merkwürdig gefühlt, so ein sirren in allen zellen, tinnitus laut, ein großer bewegungsunwillen, die energie zieht sich zurück wie schneckenaugen, wenn sie angefragt wird, alles will zurück in die schale. ich bin total ko nach den letzten tagen arbeit, das beunruhigt mich etwas, soll es doch noch eine weile damit weitergehen. leichtes muskelziehen nach dem yoga, immer wenn ich die augen schließe, will der ganze körper hinterher in die warme dunkelheit, wird schwer, wegsinken in einen tiefen schlaf, eine verlässliche umarmung. aufgerafft, die planung für ein familienfest im frühsommer vorangebracht, dabei gemerkt, dass ich nicht mehr fit bin im kommunizieren. habe in den chatapps den gruppennamen „einladung zum 90.“ vergeben, und 5 sekunden später schrieb jemand aus der gruppe: danke, wann feiern wir denn, und wo? in meiner generation konnte man nachrichten vorm absenden fertig schreiben. bisschen die briefpost vermisst und genervt gewesen. dann mit dem rad zum markt- und mit dem auto zum großeinkauf, sofort danach aufs bett gefallen, leckeren kram gegessen, einen zweistündigen dokumentarfilm über ds9 entdeckt, von 2018, ein indiegogo-projekt von ira steven behr, einem der produzenten des franchises. fast die ganze crew samt schreibern ist dabei, rene auberjonois ist auch noch an bord, er ist im dezember 2019 gestorben. wachgeblieben. jetzt ist der samstag schon wieder fast durch und ich bin kaum erholt, der tag ist so durchgerauscht. kopf immernoch leer. oder werde ich krank? das altwerden, freunde, ist nicht ohne, und ihr könnt es nicht aufhalten. da denke ich grade mehr drüber nach, wie wir alle, wenn ich so herumlese.

montag nachmittags ein bisschen herumgelaufen, luft frisch, himmel aprilartig, es bleibt deutlich länger hell inzwischen, dann zum lesen in ein cafe gesetzt, also erstmal davor, weil alles voll war, im wintermantel kein problem, das gefühl der freien zeit einsickern lassen, es ist völlig anders als ein sonntagnachmittag im kaffee. beim spazierengehen durchs viertel noch einige andere mittelalte frauen wie mich gesehen, alle allein vor caffees, naja, vielleicht wollen die rauchen? kleiner feiner faden melancholie. vor ein lieblingscafe hingesetzt, dass ich ganz gern mag. eine lange schlange zum buchladen an der anderen ecke beim kleiner werden beobachtet, es gab eine signierstunde, kenne weder autorin noch ihre bücher. ein paar minuten später kam frau seubert vorbei, sie war zufällig dort mit einer freundin verabredet, wir haben uns unterhalten, bis es dunkel wurde, das war richtig schöne serendipity.

abends gleich wieder nach signierten büchern herumgesucht, eventuell auf chinesich, weil why not (weil du es nicht lesen kannst, echt. habe einen archipel gulag auf russisch geerbt, der steht im regal, den werde ich glaube ich auch nicht mehr los.) etwas gefunden, nicht gekauft, weil ich weiß, dass meine regale voll sind, die wohnung ehrlich gesagt auch, und wenn ich mal nicht mehr bin, wer soll das alles entsorgen? das geld lieber ins depot gepackt, da ist es besser aufgehoben.

baustellenblues

heute zu ungewohnten zeiten herumgeradelt und in eine leichte unterzuckerung geraten, eine von den interessanten. die zeit dehnte sich, sie verging sehr langsam, die ampelphasen dauerten ewig, absolut überall waren baustellen, die radspur führt mitten auf die strasse, selbst in meinem gemütlichen tempo muss ich dauernd bremsen, überall baugruben, bauzäune, kein durchkommen. es gibt in berlin keine einzige strasse ohne baustelle, ich war mir sicher, habe in jede strasse hineingesehen, und es stimmt! ich fand das beim radeln sehr empörend, kein durchkommen nirgends, das ist jetzt genug mit berlin, beschloss ich, ich würde so schnell wie möglich woanders hinziehen, in den süden irgendwo, kann ja nicht sein, dass nachbarn und freunde von mir, die nie in ihrem leben in italien gewesen waren, kein wort italienisch können, da einfach hingezogen sind, mit sack und pack, pferden und hunden, und ich sitze hier immer noch im kalten, chaotischen und irgendwie total kaputten berlin. der rewe, wo ich zum einkaufen hinwollte, war nicht mehr zu finden hinter bauplanen, der nächste war ebenfalls hinter einem bauzaun, und hatte nur winzige kleine dreirad-körbe zum einkaufen. ich verstand das nicht, warum ist das so? was um alles in der welt bauen die denn da überall, da blickt doch keiner mehr durch, worum es geht, die baumafia in berlin muss gigantisch gut vernetzt sein. danach schob ich nach hause, weil mir das holperpflaster zu anstrengend war, mit den abgründen zwischen den kindskopfgroßen pflaster-klunkern, den löchern im belag. kaum zuhause, ist mir dann aufgefallen, wie kaputt das internet ist, google geht nicht mehr, überall nur noch eine anzeigenhölle, nur noch verkauf, es gibt keinen weg da raus, es sei denn, man bezahlt eine hohe monatliche ablassumme an irgendeinen anonymen großkonzern.

dann ging zum glück der blutzucker endlich wieder nach oben.

erinnert, dass ich zu den baustellen auf deutschen autobahnen schon mal geschrieben habe, und ja, in berlin wird auch nie gearbeitet auf den baustellen, zumindest nicht frühmorgens, mittag oder nachmittags, wenn ich daran vorbeifahren muss. nie. vielleicht sind es unterschiedliche auftraggeber? einer macht überall absperrungen, dann ist die baustelle als stelle sozusagen deklariert, die finanzierung gesichert, dann kommt nach monaten irgendwann mal eine baufirma und fängt an, den boden aufzureissen, dann ist das erledigt, dann ändert sich in der regel nie mehr irgendetwas, ein bisschen wie in unsreren lebensläufen, wo die löcher auch irgendwann nicht mehr füllbar sind.

be: sterben lieben kämpfen

das stück gestern hat funktioniert, aber nicht ganz. ross hat ein paar wesentliche momente auf die bühne gebracht, hat dabei den buchtext verwendet, ihn den personen in den mund gelegt, es war gleichzeitig zeigen und reden über, das gezeigte dabei immer ein stückweit radikaler und realistischer als das im text wiedergegebene, wie ein kommentar eines therapeuten, der die verletzungen benennt und ernstnimmt, sie aus der erlebten normalität als traumatisch herauslöst. der ich-erzähler der romane war als karl ove himself auf der bühne (gabriel schneider), mir war sein tonfall auf der bühne oft zu deklamatorisch- bühnenartig, zu sehr sein-oder-nicht-sein, ich hab das intime, persönliche, private reden der hauptfigur vermisst, das hat mich ja so in den bann gezogen bei den büchern.

[nachtrag: einen tag später scheint mir dieser teil von schneiders darstellung passend, zum unbedingten kunstwillen des autors, zu den charaktereigenschaften, die mehr in der person des autors liegen als im autofiktionalen subjekt der bücher.]

ich mochte als dramaturgische idee besonders die ewige gegenwart des vaters (paul herwig), der lebendig und tot die ganze zeit mit auf der bühne war, so wie er im 1. band das bewusstsein und die selbstwahrnehmung des autors geprägt hat. sehr schön dargestellt auch die kinder knausgårds, kleine lebende objekte, die herumgereicht werden und nicht als personen wahrgenommen werden, na gut, ich löse, vielleicht wollt ihr gar nicht hingehen: es sind kleine töpfchen mit pflanzen. linda (kathleen morgeneyer), die erste frau von knausgård, bleibt am anfang eher farblos, entprechend ihrer darstellung im buch, wird erst lebendig, als sie die bipolare störung ausagieren darf. die rolle von frauen, kindern in den büchern und in der wahrnehmung von knausgård ist nicht so zentral, das wird angesprochen, es gibt zuwenige frauen, lässt ross jemanden sagen (vergessen, wen), dann ein paar zitate des inhalts, dass es nur männliche große autoren gäbe, es seien keine frauen darunter, und beim zuhören denkt man so yo, das ist wirklich nicht okay, aber so what, das problem wird ausgesprochen, es kann nicht mal eben gelöst werden.

das bühnenbild war toll, lauter unterschiedliche ebenen auf so podesten mit wohnungsteilen, bibliothek ganz hinten und etwas höher, allem entrückt, nur vom autor benutzt, weder frau noch vater haben es betreten, mit lampe, schreibtisch, sehr wohnlich und autorenhaft, vorne eine küche mit becken, schränken und waschmaschine (ross‘ inszenierung des macbeth 2008 in der volksbühne hatte auch mehrere waschmaschinen auf der bühne), auf einem anderen podest ein sofa, dazwischen der esstisch, ganz vorne eine toilette fast auf der bühne, die benutzt wird natürlich.

am ende noch ein nicht passendes zitat aus hitlers mein kampf, vorgelesen von einer figur, die so etwas wie das chorische element oder die auktoriale stimme darstellt, dem „master of ceremony“ (cynthia micas), aus dem 6. band der reihe, in dem ein themenfaden sich an der nationalsozialistischen vergangenheit des vater abarbeitet. diese passagen wirkten aufgepropft und waren dramaturgisch nicht nachvollziehbar, war doch alles im stück bisher als reflektion, tagebuchstimme, durch die wahrnehmung knausgårds gefiltert, und jetzt diese direkte rede, wie ein holzhammer. hitler war auch ein mensch, sagt der vater, erzählt es der autor, da gingen einige aus dem publikum, wir fanden es unpassend und nicht nachvollziehbar, als kontrast hat die knausgård-figur dann noch die todesfuge vorgelesen, in gänze. well.

fand den abend eigentlich gelungen, mit ein paar abstrichen, finde es total irre, so ein projekt zu realisieren, mochte das bühnenbild und die regieeinfälle. würde mich interessieren, ob das publikum mehrheitlich die romane gelesen hat oder nicht.

im stück wurde knausgård unterschiedlich ausgesprochen, ich kann mir vorstellen, dass es absicht war, weil viele, vielleicht die meisten, den namen zwar gelesen, aber niemals von norwegern ausgesprochen gehört haben, und weil die beziehung zu diesen büchern und darüber zum autor so sehr persönlich ist, weiß nicht, wie es euch geht, aber ich hab den namen häufiger metonymisch für die romane verwendet, den knausgård lesen, mal wieder knausgård lesen etc. ich hab selber erst gestern gelernt, dass es eigentlich knæʉsˌgɔːɾ heißen sollte. werde versuchen, mich umzugewöhnen.

(aufgew.)

geträumt von einem mann, den ich auf einer steilen bergaufstrecke gefunden habe, er sitzend in einer art rundem, flachem planschbecken aus schnee, auf rädern, langsam den berg hochfahrend, er war krank, hatte krebs gehabt, ich hab ihm den berg hochgeholfen, oben sind wir ins gespräch gekommen, er hat mir etwas sehr nahes gesagt, ich fand sein breites lächeln wunderbar. ins aufwachen hinein darüber nachgedacht, ob ich so ein risiko eingehen soll, mit einem mann, der eventuell bald sterben wird, gleichzeitig sicher, das da etwas sehr schönes ist zwischen uns. das merkwürdige gefährt hatte ich vielleicht von einem stück zusammengebundenem erdreich, auf dem frühlingsblumen wachsen, wie ein mini-hochbeet, das stand gestern vor einem blumenladen, aus dem eine freundin etwas mitnehmen wollte, es sah gleichzeitig leicht zerbröselbar („bloss nicht anfassen“ gedacht, als die freundin es hochheben wollte) und sehr naturnah und gewachsen aus.

kw 11

gehe heute ins be, yana ross inszeniert knausgård, sterben lieben kämpfen. habe bisher kein stück von ihr gesehen, es wird höchste zeit, sie macht internationales theater, davon gibt es sehr, sehr wenig, bleiben doch theaterregisseur*innen mitsamt ruf und ruhm meistens innerhalb ihres sprachraumes. ihren macbeth an der volksbühne 2008 hätte ich sehen können. wollte diese woche knausgård lesen, um wieder in diesen raum zu kommen, der sich damals beim lesen wie ein zuhause angefühlt hat, als eines von nur ganz wenigen büchern/autor*innen über die jahre, bolaño war es vor knausgård zuletzt, zur zeit könnte es auster werden, aber ich kann grad nur sehr schlecht lesen, meine aufmerksamkeit ist ein löchriger flickenteppich. habe meinen sterben-band wohl dem großen geliehen, der ihn zu meiner freude sehr gern gelesen hat. jetzt digital nachgekauft, es genossen, in den arbeitspausen sofort wieder im text drin zu sein. gehe erfreulicherweise mit frau gedankenträger, deren blog mich ja damals auf knausgård gebracht hat.

war bei der lesung von k. im haus der berliner festpiele, 2015, damals las er aus „träumen“, wenn ich das richtig erinnere, und hab danach sehr, sehr lange in der schlange zum signieren gestanden, der mann hat mir leid getan, ist aber sehr diszipliniert sitzen geblieben und hat ein erkennbares kürzel im buch hinterlassen, mit datum und stadt. darüber nachgedacht, warum eine signatur so einen unterschied macht, sie ändert nichts am text, aber irgendwie hat der/die autor*in mir das buch dann persönlich übergeben, nee, ist präsenter im text? auch nicht. die signatur öffnet auch keine türen, so steht die dicke signierte erstausgabe von the tunnel immer noch größtenteils ungelesen im regal, weil die hauptfigur so eine unangenehme person ist. als leserin bleibe ich auch bei signierten büchern eine von vielen, aber das buch ist eins von wenigen, die der/die autor*in persönlich authentizitiert hat.

habe im letzten jahr zu meinem erstaunen damit angefangen, mir fan-utensilien zu kaufen, ein kostüm, für die faschingsfeste im job (sonst gibt sowas nicht in meinem umfeld, habe aber gemerkt, ich habe spass daran), war dieses jahr ein science officer aus dem ds9-universum, trug einen overall mit reissverschluss hinten, sehr lästig, dazu einen schicken comunicator, aber auf die perrücken/kontaklinsen-kombi habe ich verzichtet, weil wir ja mit sehr kleinen kindern gefeiert haben. ein oder zwei eltern haben es erkannt, immerhin, immerhin. jetzt grade einen thermos-becher mit defiant-aufkleber, genau wie die in der serie verwendeten. ich verstehe meinen spass daran selber nicht genau, warum will ich da was manifestes im haus haben, zum anfassen, ist das eine steigerung der weltflucht, indem ich mir echte teile des fluchthafens ins haus hole? ein zusammenbringen der welten? etwas in die realität holen, mich auch im alltag daran erinnern/erfreuen. es ist ähnlich wie mit den signierten büchern.

zum cosplay bin ich aber noch nicht bereit, weiß auch nicht, ob ich zu einer convention fahren würde, nicht alleine, glaube ich, mit freund*innen sofort. wobei, „im letzten jahr“ stimmt nicht, ich habe mal ein von darren e. burrows (alias ed chigliak) verziertes solides taschenmesser gekauft, ich glaube, nicht über etsy. weil frau ja, wie gibbs es sagt, immer ein messer dabei haben sollte. ich werde für solche postings die kategorie peinliches hinzufügen, falls mir kein freundlicheres wort dafür einfällt. mit zunehmendem alter sollte immer mehr platz für solche albernheiten sein.

kw 10/11

zweiter freier montag, schon wieder zuviel zu erledigendes. wetter kalt. habe glaube ich jetzt dann doch den winter satt. am we balkon sauber gemacht, offenbar sind die tulpenzwiebeln vom letzten jahr wiederkommen, ich dachte, die wären einjährig, das ist sehr erfreulich. ein kind wie fast immer nicht erreicht, eins braucht daumen diese und nächste woche, dem großen gehts gut.

oscars verpennt, heute gelesen, dass oppenheimer gewonnen hat. ich hab damals manhattan mit einigem interesse angesehen, denke aber, dass der mann, der die atombombe erfunden und entwickelt hat, auf alle ewigkeit in der hölle verrotten sollte, statt mit filmen und preisen dann doch irgendwie geehrt zu werden. nichts sollte an den erinnern. der film kam an meinem geburtstag im letzten jahr in die kinos. ich werde ihn mir nicht ansehen, weiß aber, wie albern das ist.*

beim mutterbesuch im seniorenheim weitere dinge zurückgebracht, ein bild und zwei kleine leuchter, es ist die generation, die keine weißen flächen mag und leere vermeiden will, ein horror vacui, in dem ich mich teilweise wiedererkenne. seit ihrem umzug im letzten jahr versuche ich, auszumisten, dinge zu entsorgen, die kammer leerer zu räumen, aber es fällt mir schwer. ich esse mit ihr zu mittag im saal, am tisch zwei damen, wir reden über den umzug, das loslassen von dingen, die nicht ins oft kleine zimmer im heim passen. ob die familie nicht helfen kann, frage ich, beide sagen: ich hab keine familie. die männer werden erwähnt, beide tot, jetzt werden die wohnungen verkauft und es geht in die neue gemeinschaft, aber noch nicht, erst, wenn sie weiß, was sie mitnehmen will. eine sagt, sie war noch nie in prenzlauer berg, ihr bruder habe da zwar mal ein haus besessen, in friedrichshain, da habe sie immer mal hin gewollt, aber inzwischen sei es wieder verkauft. ich glaube, sie war noch nie im ostteil der stadt. sie sagt: berlin ist so groß.

mit dem auto hingefahren, sie wohnt am anderen ende der stadt. die fahrt dauert eine stunde, eine baustelle nach der anderen, besonders die rückseite vom alex ist inzwischen ein riesiges wucherndes narbengewebe, es ist nicht mehr erkennbar, was da eigentlich gemacht wird, sandberge, labyrinthische straßenverlegungen, alles einspurig.

*hollywood geht damit irgendwie ironisch-ästhetisch um. bombenbroschen. vielleicht „atombomben nein danke“-aufkleber entwerfen?

kw 10, tatsächlich

die zeit saust, schon wieder märz, unfassbar. ich spür noch nichts. die balkone in den letzten monaten nur ein paar mal zum gießen betreten, noch keine knospen am knöterich, ich hoffe, der hat auch diesen winter überlebt. keine zwiebeln vergraben, diesen winter war zuviel anderes los, ich war meistens ko, wenn ich zuhause war.

die zwillis sind im prüfungsstress zum semesterende, beide sind außerdem im umzugsstress, ich kann zu wenig tun für sie, merke erneut, wie wenig meine eltern mitbekommen haben von mir in dieser zeit, ich war weg, niemand hat irgendwas gefragt oder wissen gewollt, das hat sich allerdings auch später nicht mehr geändert, das ist auch heute noch so, meine jungs sind mir viel näher, die mäuse. der g.-zwilling hat crazy viele klausuren demnächst, weil er seine chile-zeit aufholen möchte, plus neuen job als hiwi im fraunhofer, während der d.-zwilling sich für ein deutschland-stipendium bewirbt. drücken sie bitte daumen. ich freu mich sehr über die beiden. einer ist grad hier und lernt in der bib, also endlich mal wieder eine lasagna gemacht, sehr genossen.

der große hat einen 1-er bachelor gemacht und sitzt jetzt am master, yeah, große freude, er macht grad praktikum in mainz, hätte ihn fast ins kleine nahe ingelheim geschickt, wo ich mit eltern, und später mit schwester ende der 60er, anfang der 70er ein paar jahre gewohnt habe, bevor wir nach mailand zogen. hab noch bilder von der grundschule dort im kopf, sie lag leicht unterhalb der strasse, und vom großen garten ums haus. wir wohnten in einer kleinen dachwohnung, mit treppen und dachschrägen, und meine mutter ist einmal die drei stufen runtergefallen, als sie mit meiner schwester schwanger war, ich hab das bild von den stufen, dem licht, dem stress auch noch irgendwo abrufbar, und den flur, und unser kinderzimmer. oder war das noch in berlin? meine mutter, die mit uns in unserem hellblauen käfer nach mainz ins krankenhaus gefahren ist, vermutlich, weil mein diabetes kam. von 3 bis 7 oder so habe ich da gelebt.

bei der ärztin gewesen wegen einer hautveränderung, kein krebs, sagt sie sofort, und schafft es, dabei nicht genervt zu klingen, sie ist eine sehr erfahrene solide ältere dame mit pechschwarzen haaren, immer noch täglich 8 stunden in ihrer praxis, große altbauwohnung, überall kunst und reisebilder, aber sie setzt sich kurz hin, wenn sie mit mir redet, solche ärzte sind mir die liebsten, einfach da, jeden tag. respekt. im umfeld sind die krebserkrankten schon an mehreren fingern einer hand abzuzählen, so ist das halt beim älterwerden. nichts ist sicher. dankbar.

in der lesegruppe haben wir diesmal ein buch von milena flašar, „oben erde, unten himmel“, worauf ich sehr gespannt bin. habe von ihr „sie nannten ihn krawatte“ gelesen, gekauft auf einer lesung, zu der mich der künstler eingeladen hat, der das titelbild des buches gemalt hat, das hängt nämlich in meiner wohnung, gekauft, als ich vor jahrhunderten mal in einem kunstverein ausgeholfen habe, wo dieser mensch ausgestellt wurde. es war für meine verhältnisse teuer, aber es war ein großes ja auf den ersten blick, das ist eher selten bei kunst. es ist auch ein großes bild, aber ich hatte platz. da hängt es jetzt über dem sofa, ich sehe es immer noch gern, es war also eine richtige entscheidung, aber es war auch eine investition, weil ich das geld nicht einfach über hatte. ich habs in einer galerie gekauft, ein anderes großes bild habe ich für sehr viel weniger zum freundschaftspreis vom künstler bekommen, also von einem anderen künstler. beim hinterhergoogeln jetzt bemerkt, dass der maler sich auf dieses und noch zwei andere motive spezialisiert hat, viele davon gemalt hat, sie für deutlich weniger verkauft, als ich damals bezahlt hab. nun ist geld in der kunst ja häufiger schall und rauch als in anderen regionen, aber es ärgert mich trotzdem.

ich date grade nicht und möchte eigentlich lieber auf direktem wege sonderbar werden, als mich beim dating weiterhin zu alt oder zu unattraktiv zu fühlen, oder einfach nicht gemeint. scheint, als ob die datingphase wiedereinmal vorbei ist. die meisten männer in der börse sind 58, sehen auf ihren bildern teilweise deutlich älter aus, und hätten gern noch kinder.

noch ist es kalt morgens und abends in der wohnung, friere beim aufstehen und habe abends eine wolldecke drüber, hoffe, das ändert sich bald. das einkleiden morgens, schicht um schicht, dann ist es auf arbeit zu warm, dann abends wieder auspellen, kleiderhaufen, und die eine blosse stelle am rücken, wenn sich die schichten verschieben. vielleicht doch nach italien? beim einschlafen mag ich den moment, wenn ich nach dem hinlegen und lichtaus die warme decke über die kalte schulter ziehe, und alles sofort diese lauschige, angenehme wärme hat. sofortige entspannung.

25. februar 2024

gloria! gesehen, noch einen berlinalefilm, ich glaube, es war der letzte, der gelaufen ist. eher blind tickets gekauft, weil der termin passte, ich tagsüber und spätabends nicht kann, die abendtermine waren natürlich alle immer gleich weg. mochte die idee, das ungewohnte thema für einen kostümfilm, die musik war lustig und teilweise originell, blieb mir dann aber zu einfach, also, wo es nicht vivaldi war, bin aber für ne kritik jetzt auch schon wieder zu müde. mochte das ensemble-gefühl mit dieser gruppe junger frauen, mochte die konflikte nicht so, neid und missgunst der starmusikerin ggü der talentierten dienstbotin, sehr grotesk überzeichneteter abusive alter weißer mann als direktor, die freundin hat dann ergooglet, dass vivaldi tatsächlich in einem waisenhaus für mädchen unterrichtet hat, bloss 100 jahre früher, anfang des 18. jh, nicht kurz nach 1800, wie im film gezeigt. das geht nicht ganz auf alles. (hier die pressekonferenz)

zweiter film in der völlig ausverkauften riesigen verti music hall (omg, die gibt es schon 5 jahre), ein befremdlicher ort, weil mir so neu, man läuft da hin von der tramstation warschauer strasse, durch ein komplettes neubauviertel, wobei es die benz-arena ja schon eine weile gibt. alles asphalt, aber offen für fussgänger, glatte fassaden, paar moderne winkel, alles sehr für den effekt aus der ferne gebaut, da sollen keine kleinen menschen drunter, das motto ist macht, größe, kälte, da wirken sogar die glasetagen der arena einen tick zu gewaltig. gerne mal da gewesen, noch gerner schnell wieder weg in mein altbauviertel. es war viel los abends, bei zwei so riesigen veranstaltungsorten.

es fällt schwer, infos über den gewinner der berlinale zu finden, überall stehen seiten um seiten über die nicht nachvollziehbaren und nicht entschuldbaren antisemitischen kommentare bei der preisverleihung, es tut mir leid um den film, der mehr aufmerksamkeit verdient hätte. o tempora.

wäre zum film gestern fast nicht hingegangen, weil sonntag früh die großmutter der jungs verstorben ist, überraschend, nach einem schlaganfall am tag davor, und ich tagsüber mit den kindern drüber gesprochen habe, nur mit einem noch nicht, aber alle drei waren bei der oma, haben sie noch einmal erlebt, das freut mich sehr, dass das geklappt hat. sie ist nicht alleine gestorben, sohn und tochter waren bei ihr, sie war bereit, zu gehen, sie hat die behandlung abgelehnt und die ärzt*innen haben das akzeptert, gott sei dank. sie hatte morphium und wirkte entspannt und gelöst, sagten die jungs, zum ersten mal seit langem. es war in ordnung, glaube ich, aber für die jungs eben der erste nahe todesfall.

den ganzen tag hin und her, statt einfach nicht hinzugehen und gut ist, aber nein, ich habe eine freundin gefragt, und da waren wir nun. vor der nestflucht hätte ich mit den kindern abends zusammen gesessen, gegessen, geredet, es hätte die möglichkeit der nähe gegeben, bei wunsch, aber so ist das halt. ich selber habe zuletzt vor einem jahr mit ihr gesprochen, am todestag ihres mannes, unsere beziehung hatte sich gelockert nach der scheidung. möge die erde dir leicht sein, liebe g.

die [ … ] deutsche bahn hat übrigens die zeit, die der g.-zwilling mit seiner oma noch hätte haben können von paar stunden auf eine halbe stunde reduziert, durch ausfallende, kaputte züge etc. und keinen kümmerts.

berlinale, another end *

*spoileralert

heute früh auf, weil ich um 9 uhr (an einem sonntag! grrr.) ins kino wollte, mit null lust, aber nuja, für gael garcia bernal stehe ich natürlich immer auf, habe aber gestern trotzdem noch versucht, dem grade zu besuch weilenden david-zwilling das ticket anzudrehen, weil sonntag ist sonntag. ihn heute extra dafür mit kaffee geweckt, dann nochmal geschaut, und siehe da! es gab wieder tickets, also sehr zufrieden, fast glücklich, mit dem sohn ins kino gefahren, diesmal nur eine minute zu spät gekommen. ein riesensaal, verti music hall, kannte ich nicht, sie haben glaub ich noch stühle vor die saalreihen gestellt, daher die zusätzlichen tickets.

der film hatte muckis, ein riesenthema, eine traurige liebesgeschichte, ein mann, der seine partnerin verloren hat, findet keinen weg, damit umzugehen, und wendet sich an eine firma, die das bewusstsein und die persönlichkeit von menschen für kurze zeit in einem anderen menschen unterbringen kann, einem host, damit ungesagtes gesagt werden kann, ein abschied möglich wird. schön fand ich den weg, wie im film ein erklärbär der firma den kunden erklärt, wie sie es schaffen können, die teilweise anwesenheit des toten in eine vollständige gegenwart zu verwandeln, für die wenige zeit, die sie noch miteinander haben, wie sie bei der begegnung mit den hosts eine notwendige willing suspension of disbelief (das steht irgendwie immer und überall in kursiv) durchlaufen müssen, damit das bewusstsein der trauernden darüber hinweggehen kann, dass der körper der geliebten person ein anderer ist. in einem streit sei das leichter, so der erklärer, weil da sofort verbindende emotionen ins spiel kämen. dem mann gelingt das auch, und im streit erkennt man sehr schön, wie gut sich die beiden kennen, es entsteht eine merkwürdig vibrierende nähe, weil man etwas über die vergangene beziehung der beiden erlebt, nicht nur erfährt. schreiben vs schreiben über, das alte ding. gleichzeitig bleibt das gefühl der fremdheit des mannes gegenüber dem host spürbar, schauspielerisch sicher eine schöne aufgabe. das war ein filmisch sehr dichter moment.

ich stelle mir erinnerungen immer als einen synchronen moment in der diachronen wahrnehmung vor, wo *etwas in der gegenwart uns an personen, situationen, an andere ereignisse erinnert und beides sekundenlang miteinander verbunden wird, eine glitzernde synapsenkette lang (sry), eine intensive und physiologisch spürbare gegenwart im bewusstsein des erinnernden haben, aber dadurch werde ich auch getrennt von meiner umgebung, das ist womöglich bei gemeinsamen erinnerungen in einer liebe anders, weil das gefühl da sofort gespiegelt wird vom anderen, ein zusätzlicher anker, als bei erinnerungen an eine liebe, eine erinnerte liebe ist auch eine liebe, aber liebe braucht gegenwart, es erscheint mir unvorstellbar, den tod aus einer erinnerung zu löschen, er färbt doch alles, was noch da ist, es wäre ein sehr gruseliges gefühl übrig. (hmm, ich weiß leider nicht mehr, wohin ich mit dem gedanken wollte, fällt mir vielleicht morgen wieder ein.)

der film ist spannend und funktioniert, ich war drin, hatte am ende tränen in den augen, ich mochte auch die fast beiläufig gezeigte erkenntnis, dass leute sich nicht ändern können, selbst wenn es nur noch diese eine chance gibt, das zu tun, auch weil der tod sofort nicht mehr vorstellbar ist, wenn er aufgehoben wird. und dann nahm der film in den letzten minuten noch eine wendung, die diese erkenntnis als nicht relevant für den film markiert hat, darauf hat mich david-zwilling aufmerksam gemacht, durch das ende bekommt der film noch eine andere richtung, der handlungsbogen schließt sich ganz anders als erwartet, es bleiben offene stellen, nicht nur die nicht abgeschlossene trauerarbeit, die ist wie im richtigen leben, wo sie ja auch niemals endet, sich nur verändert.

der film wirke „verkopft“, so der sohn, und ich habe jetzt auch mühe, die letzten minuten des films zu rekapitulieren, wer war jetzt host, wer kunde, wessen verlust wird da bearbeitet, die schöne authentizität der figuren gerät durch diesen pirandello-moment durcheinander. da wär ich gern beim gespräch dabei gewesen, falls es eins gegeben hat. [edit: es gibt die pressekonferenz] david hätte sich außerdem gewünscht, dass die beziehung zwischen den beiden hauptfiguren vertieft wird, glaubwürdiger wird, dass es in den gesprächen nicht nur ums thema geht, es ist irgendwie ein sehr lang anhaltender dramatischer höhepunkt, dieser umgang mit spannung ist aber glaube ich modern in der gegenwärtigen dramaturgie, ich mag das ja auch nicht so. wir beide hatten auf dem heimweg das gefühl, der film hätte bisschen kürzer sein können, david hatte auch eine perfekte letzte szene im kopf: der moment, als der mann, mit tränen in den augen, im bordell von der prostituierten weggeschoben wird, sobald er nähe sucht.

der film wird was gewinnen, so mein vollkommen unprofessionelles gefühl.

besuche, berlinale, 2 filme gesehen

die tickets für die berlinale waren ab 10 uhr online verfügbar, ab 10:01 waren sie ausverkauft, zumindest die für den italienischen wettbewerbsbeitrag another end, film von piero messina. nachmittags habe ich dann noch ein ticket für spuren von bewegung vor dem eis am samstag bekommen, eine uraufführung, aus der forum-reihe, film von rené frölke, und eins für die 9-uhr-früh vorstellung von another end.

ich kam ordentlich zu spät, wegen gegenwind, und wurde sehr freundlich noch reingelassen ins arsenal, sass dann zuerst erste reihe ganz aussen, also intensive und manchmal selektive wahrnehmung des films, von dem ich nur wusste, dass es unter anderem um das archiv eines lange geschlossenen verlages in der schweiz geht, und ich liebe ja archive.

kurze schnitte, später erfahre ich, warum: der film ist mit einer alten analogen kamera gedreht, einer bolex, jede filmrolle 24sekunden lang, wenn ich das richtig erinnere aus dem gespräch mit dem regisseur nach dem film. beim ansehen ist es mir aber nicht bewusst aufgefallen, es ist eher ein rhythmus, in den man beim gucken kommt.

eine frau und ein mann, in so einem kargen wortarmen dialog, es geht um ihr leben, glaube ich, wie man in der familie über sein leben redet, in halbsätzen, andeutungen, idiomatismen, zitaten von den vielen malen, die man schon darüber geredet hat. diese verdichtungen greifen irgendwie auch auf meine wahrnehmung der bilder des films über, in den untertiteln werden einzelne zeilen aus den blättern lesbar, immer nur ein paar worte, die dann auf rätselhafte weise wichtig werden, weil wir den zusammenhang nicht kennen können, aber sofort versuchen, einen herzustellen, viele themen, religion, politik, ich denke, es geht da um texte des verlages oder briefe der verleger*innen, teilweise sehen wir buchseiten mit vielen notizen drauf, man spürt, wie wichtig das aufschreiben war, ein erkentnismoment, der nicht verloren gehen soll und am ort des geschehens festgehalten wird, also da, wo er passiert ist. der film zeigt viele von diesen seiten, sie sehen irgendwie verlebt aus, abgelegt, wie die vielen stapel von kartons, undynamische stapel, die einen festen platz gefunden haben, obwohl sie nur als etwas vorübergehendes geplant waren, wie alle kistenstapel. dazwischen filmaufnahmen von gladys und fritz, den beiden verlagsinhabern (oder ist gladys die tochter? muss nochmal nachschauen), die inzwischen beide tot sind. es ist ein weg, denke ich einen tag später, der film eben ein weiteres sediment, wie der regisseuer es im pressetext sehr schön beschrieben hat, bei jeder neuen schicht geht etwas verloren und etwas verändert sich, und es ist immer auch eine neueinspielung von etwas, dass es schon gibt.

ein film, der nachher besser ist als währendessen, immer noch besser wird. spannend, vielleicht weil die erinnerung auch nicht linear, sondern eher in momentaufnahmen funktioniert, aber das ist ein bild aus „another ending“, das da jetzt mit reinrutscht.

ich wollte auch mal einen verlag gründen, unmittelbar nach dem ende der ddr, mit ein paar tollen frauen, aber es wurde dann nichts draus. diese beiden haben es eben einfach gemacht, und dann wieder damit aufgehört, ich mochte das unprätentiöse daran (hab vom pendo-verlag allerdings auch vorher nie was gehört), dieses so what?-gefühl, und am ende ist eh alles hin, oder woanders, in einem film, auf dem boden, panta rhei.

ich denke jedenfalls nach dem film an frau ziebarth, deren riesige sammlung, die ja eigentlich ein lebensarchiv ist, noch immer kein richtiges zuhause gefunden hat. so ein film wäre eine art nicht-ort dafür. bewegung vde ist eine art hommage an die beiden verlagsleute, eine art dokumentarfilm, in der die erinnerungsarbeit ultra reduziert gezeigt wird, weil der verlust schon stattgefunden hat, die seiten, zettel und geschichten haben ihren zusammenhang verloren, es bleibt wenig, wenn alles irgendwo im weg herumsteht. ohne funktion, nur noch in einer metaebene relevant, wenn mal jemand darüber arbeiten will, wobei die bücher des verlages natürlich bleiben, in ihrem stapel, für 6 chf statt 27.

frau ziebarths sammlung besteht ja aus dingen, gegenständen, über die sammlung gibt es viele texte, filme weiß ich gar nicht – glaube aber nicht – die geschichten darüber sind sozusagen schon sedimentiert und auf dem weg ins vergessen, ich habe dabei immer den küchenstuhl bei freunden im kopf, wo sich einzelne seiten aus den feuilletons der letzten jahre sammeln, weil sie unbedingt noch gelesen werden sollen; jedenfalls: ich würde sie gern wieder lebendig machen, also keinen film, sondern gleich irgendwie ins netz bringen, im ernst, ich suche schon nach katalog- oder museums-software, die sowas kann, verfügbar machen, die dinge ans licht holen, gut vertaggt, sortiert nach ländern, funktionen, ereignissen, oder so ähnlich, ins größte museum der welt. habt ihr ideen, gibt es sowas für umme oder wenig? mich beschäftigt das schon ein paar monate, ab märz hab ich für 6 monate eine 4-tages-woche, da hab ich dann hoffentlich zeit für projekte (ja, ich lache selber).

eine nichte ist für die berlinale gekommen, sie arbeitet im filmbusiness, heute ist ihr dritter tag hier und mein italienisch hängt, findet wörter nicht, ich stehe daneben und bin nicht im fluss, das passiert immer, wenn ich wieder viel italienisch rede, es ist wie ein muskelkater des sprachhirns, eine ermüdung, wenn der sprachkörper aus dem passiven wortschatz in den aktiven gehoben wird. es dauert einen tag und dann bin ich wieder drin, also wenn ich sie sehe, sie geht natürlich dauernd auf parties und ist unterwegs. mein alter bemerke ich auch, sie weiß sofort lauter dinge über berlin, die ich nie gehört habe, grad hat sie erzählt, dass die jungen leute kleine analoge kameras dabei haben, die notwendige filmentwicklung als vorteil sehen, weil die zeit bis zum foto ruhe ermöglicht, überhaupt sind ausgedruckte fotos wieder ein ding. sie will ein paar kameras nach rom mitnehmen und weiß schon den laden, wo man sie bekommt. gleich meine kleine alte sony alpha ans ladekabel gehängt, aber dann war das wochenende schon wieder vorbei.

puh, text wird zu lang, den zweiten film setze ich in ein zweites posting

11. februar 2024

gestern abend um 23 uhr rief der gregor-zwilling an und bat um eine pin zum filmegucken, er war beim david-zwilling in halle zu besuch und die beiden haben auf prime die eine folge einer serie entdeckt, die vor 15, 16 (18, es sind 18 jahre, schluck.) jahren einem zwilling angst gemacht hat. wir haben das dann gestern per watchparty spontan zusammen geguckt, das war ein sehr schöner familienmoment.

heute nach der wahl, bei der kaum jemand da war, noch mit einer freundin im bodemuseum getroffen, um screen von polyviou anzuschauen, auf lucy raven in der neuen nationalgalerie hatten wir auch lust, aber es ist weiter weg und bei nieselregen etc.pp. wege zur kunst. die freundin ist kunsthistorikerin und wusste überall etwas zu sagen, es ist schön, so mit offenen augen durchs bodemuseum zu laufen und dabei zu plaudern, dafür ist so ein verregneter sonntag grade richtig. die video-arbeit von polyviou war virtuell gut eingebunden in die räumlichkeiten, es gab auf einer vielleicht 2x2m großen leinwand bilder, filme, animationen mit textzeilen darunter, kirche, kunst, geschichte und weg in den untergang, passt vor allem zu den vielen christlichen skulpturen, reliefs, großartigen holzarbeiten der sammlung. die picassos haben wir nicht gesehen, davon habe ich erst nachher gelesen, müssen wir halt nochmal hin. american cheesecake und kakao im cafe mit dem weiten blick in die große kuppelhalle, davor noch paar bücher gekauft (ich weiß! ich weiß es ja.), die dann in die regenhose gewickelt und so trocken im fahrradkorb nach hause bekommen.

heute wieder drastische klimanews, vielleicht kann ich meine neuen viel zu dicken norwegerpullis ja doch noch mal tragen.

mit dem ausmisten begonnen, dinge umgeräumt, unter anderem steht jetzt so ein legoobjekt in einem bücherregal, habe es vor wochen gebaut und noch nicht wieder auseinandergenommen, weil ich immer noch spass am anblick habe. überlegt, ob ich das so einem date zeigen würde, andererseits gehen die letzten dates irgendwie automatisch davon aus, dass die party in ihren wohnungen stattfindet. wir haben uns mit ende 50/anfang 60 halt alle eingerichtet in unseren leben, ich kann mir gar nicht vorstellen, bei einem anderen einzuziehen zb, wenn es dann mal zu einer intensiveren beziehung kommen würde. home = castle.

berlin berlin

zufrieden aufgewacht, die sonntagsruhe wahrgenommen. gleich gehe ich wählen, in berlin wird heute in einigen wahlbezirken die wahl zum bundestag wiederholt, weil die letzte wahl zu chaotisch verlaufen ist. ich weiß noch, wie der große 2016 zum ersten mal ((weiß auf orange, was ist mit den designern? oder ist das geheimschrift für minderjährige?)(readability-plugins habt ihr ja bestimmt alle)) wählen durfte, in berlin sind jugendliche ab 16 wahlberechtigt für die wahl zum berliner abgeordnetenhaus, er war da 17 jahre alt. ich hab ihn beim zetteleinwurf fotografiert, ich wollte den moment würdigen. ich habe großen respekt vorm organisationsaufwand einer wahl, aber es hat ja nun schon ein paar gegeben, der ablauf muss nicht jedes mal neu erfunden werden.

2021 sind wohl mehrere voneinander unabhängige, aber erwartbare dinge schiefgegangen. es war noch corona, es gab wohl deswegen viel mehr wahllokale als sonst, weniger erfahrene wahlhelfer, allg. personalmangel auch in der verwaltung. dazu gab es bei erschwerten bedingungen auch noch mehr kreuzchen als sonst zu machen, wir hatten zur bundestags- und berlinwahl auch noch einen volksentscheid, den ich jetzt googeln müsste. war das der zur enteignung der deutsche wohnen? – genau, puh, hab ich vergessen, weil natürlich trotz gewonnenem entscheid (59% dafür) niemand enteignet wurde, es wurde auch nichts vergesellschaftet, was sich ja besser anhört. die initiative plant, stand sept. ’23, einen weiteren volksentscheid.

dazu dann shit-happens-momente, so hat wohl vermutlich die druckerei die kartons mit den wahlzetteln falsch beschriftet, deswegen lagen in einigen lokalen zettel für einen anderen bezirk aus, in meinem wahllokal gab es zwar die richtigen, aber nicht genug wahlzettel. die leute mussten teilweise über 2h anstehen und haben dann erst nach 18uhr wählen können, oder gar nicht mehr wählen können. parallel zu det janze lief noch der berliner marathon. es ist einfach zuviel schiefgegangen, also wählen heute ca 450 von 2500 berliner wahlbezirken neu. es müsen oder sollten dabei dieselben personen zur wahl stehen wie 2021, also steht die kandidatin für die afd noch auf dem wahlzettel, obwohl sie, passend zu den demos der letzten wochen, tatsächlich seit dezember 22 im knast sitzt wg umsturzplänen.

es ist jedenfalls immer was los in berlin.

schein/sein

beim spazierengehen mit der hündin an einem cafè vorbei, das wohl frühstück oder brunch anbietet, davor eine größere menge menschen, die frauen haben alle etwas schnepfenartiges, ähneln sich, sind gestylt auf eine weise, die mir gleichförmig erscheint. lippenstift, foundation, frisuren. schnepfe gegoogelt, nein, ich meine keine prostitution, um himmels willen, einfach überkandidelt, oder sagen wir kandidelt, als würden sie sich für etwas bewerben. mir sind nur die frauen aufgefallen, nach den männern habe ich deswegen auf dem rückweg geguckt. von den männern trugen mehrere hellgelbe wollmützen.

warum sind mir nur die frauen aufgefallen? interessant.

ein paar häuser weiter ein päärchen beim joggen, die frau komplett geschminkt, wobei das rouge vielleicht ihr stoffwechsel war. mir hat eine gute freundin empfohlen, mich für dates auch mehr zu schminken, das heißt: mit foundation, mehr farben, als wären nur augen/lippen nicht genug, als müsste das gesamte gezeigte gesicht verändert und nivelliert werden. wie bei einem bild steht dann die fläche bereit für das kunstwerk, bereit für den blick des mannes, der raum hat für seine projektion.

naja, oder es ist mir einfach zuviel aufwand für einen effekt, der mir optisch sowieso nicht gefällt. vielleicht sollte ich einfach nach der optimalen foundation suchen, der markt ist ja in ständiger bewegung. irgendwann wird es welche mit 3d-effekt geben, mit glitzer, mit tarneffekt. die chamäleon-foundation! die liebes-foundation, bei der wünsche sichtbar werden, alle geschichten verschwinden, nur die eine bleibt, die wir leben wollen.

ich gehe gleich zu einem spontankaffee mit genau dieser freundin, ich schaue mal nach, ob ich irgendwo foundation habe, obwohl das im unsichtbaren alter für die allgemeinheit natürlich eh wurscht ist, aber sie wird es merken, es wird sie zum lächeln bringen, das ist ja wohl genug.

kw 3

die hochhaustürme im ernst-thälmann-park und die plattenbauten in den randlagen des bezirks haben eine beruhigende wirkung auf mich, ich war da seit emmas tod nur noch ein oder zweimal, statt täglich, und es fehlt mir etwas, als ausrichtung meines stadtgefühls, aber warum? weil ein unterschied erkennbar wird zu den durchsanierten vierteln, in denen ich ja sehr gern lebe, ohne ganz dazuzugehören, wie ich mir einbilde, weil die soziale differenz nicht wegsaniert worden ist. mir fehlt das alte berlin mit all seinen gegensätzen immer noch, oder nein: als die gegensätze nicht hauptsächlich finanziell waren, sondern sich ganz selbstverständlich zeigten als unterschiedliche stile, schulen, kunstformen, geschmäcker, altersklassen, was auch immer. ich hoffe, es liegt nur an meinem alter, dass ich die ganzen nuancen nicht mehr wahrnehme.

ist aber auch die lebensphase, wo das gespräch oft aus heiterem himmel aufs thema alterssicherung kommt, was planst du, wird es gehen? in meiner generation erzählen dann grad die freiberufler nicht von reiseplänen, dochnoch gitarre, endlich französisch oder ähnlichem, sondern sagen nichts mehr nach ein paar zynischen worten.

jedenfalls. mal wieder vorgenommen, häufiger zu kochen, was ich kaum noch tue, seit die jungs ausgezogen sind. ich nehme gefühlt zu, wann immer ich abends was esse, aber das kann ich ja ignorieren, oder ich könnte mein asia-gemüse-repertoire mal reanimieren. schon vorgenommen, mit den nachbarn zu essen, dann lohnt sich auch mal wieder ne lasagna. lasagna-kilos sind goldene kilos. grade selber mit einem husten beschäftigt, also die erste hühnersuppe des jahres, mal nach einem empfohlenen rezept von herrn droste selig, mit ingwer, curry und honig. mal schauen, vor parmesan mache ich aber halt.

habe auf ebay einen alten edlen norwegerpulli erstanden, wohl aus den neunzigern, für wenig geld, und er fühlt sich an wie eine ganze behausung, warm und leicht. er riecht nicht, hauptgrund gegen den erwerb gebrauchter kleidung, ein zweiter, für noch weniger gekaufter, roch bisschen, also nur einen tick, nach alten leuten, den hab ich gründlich gewaschen, jetzt ist er wie neu. tragen das auch die menschen in norwegen und island? oder sind die da total untragbar, wie etwa ein fransenhemd oder ein, … – mir fallen keine untragbaren klamotten ein, halt, eher: werden sie dort nur in einem definierten kontext getragen, wie eine lederhose oder ein dirndl? der große hat auch so einen zum geburtstag bekommen, allerdings neu, und trägt ihn sehr gern.

inzwischen kann die kälte gerne länger dauern, ich mag es auch, wenn ich so verschwinden kann in winterkleidung, meine italienische jugend ist einfach sehr lange her. berlin ist ja leider immer einen tick zu warm und zu belebt für richtig guten schnee, er taut, gefriert wieder, man rutscht, es wird alles ein schmutzig graues elend.

falls ihr gesund seid, geht bitte auch dieses we auf eine demo gegen rechts, schon zur selbsttherapie, soviele menschen sind da unterwegs, alle altersklassen, von schüler*in bis rentner*in, ich hab da so ein wir-gefühl bekommen, wie sehr lange nicht mehr, wir haben etwas zu sagen, und es spielt eine rolle, was wir zu sagen haben. inzwischen habe ich sogar den eindruck, dass die demos etwas bewirken, anders als noch letzte woche, einfach weil es so viele sind, überall, andauernd. sie sind hilfreich bei der selbstvergewisserung als mehrheit. ich weiß nicht, ob sie jemanden vom wählen der afd abhalten, vermutlich nicht, aber es gilt weiterhin: keinen fußbreit den faschisten und nazis.